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Tagebuch der 6. FAI Elektroflug Weltmeisterschaft York/UK

Die Spiele können beginnen:
Ladies and Gentlemen, Start Your Engines!
Dienstag, 10. August 2004

It’s a Rainy Day...
Wie bereits am Morgen des letzten Tages bemerkt, wurde Dienstag, der erste Wertungstag eine überaus wässrige Angelegenheit. Alle Helfer waren an Bord, die Engländer sind doch harte Burschen. Respekt!

Nach längerem Warten hatte sich das Wetter auf einem Niveau eingeregnet, was man als gleichmäßig oder auch als "Landregen" bezeichnen könnte. Kalt und feucht. Very British. Wir fragten den Heini vom Wetter-Service, was denn genau mit „cleaning up“ hier auf der Insel im Wetter-Jargon gemeint wäre und er hatte nur ein müdes Lächeln für uns übrig. Aufklaren/Aufhellen heißt hier so viel wie weniger Regen, etwas hellerer Himmel, damit man sich besser fühlt. Bringt uns aber nichts, bestenfalls Zeitungslesern mit Lichtsparkomplex. Also war weiter warten, warten und warten angesagt.

Was für ein ätzender Blick morgens aus dem Fenster. Einfach ekelerregend!

Regenscheue F5B-ler
Die F5B Runde hätte längst gestartet sein sollen und zwar morgens gegen 08:00, aber das blieb eine Illusion. Als wir gegen 10:00 erschienen, lag die Bande noch am Boden und traute dem Wetter nicht. Einzig das Deutsche F5B Team hatte sich auf genau diese Bedingungen vorbereitet und extra ein Regentraining durchgeführt. Norbert Hübner rieb sich die Hände, denn wenn F5B startet, dann würde das Deutsche Team aufgrund dieses speziell am Montag angesetzten Regentrainings dem Rest zeigen, was eine Harke ist. „Ficki“ (Wolf Fickenscher) tippelte nervös im Zelt herum, als Norbert etwas angesäuert vom F5B Team-Manager Meeting zurückkam: No F5B today! Der Tag für F5B wurde neutralisiert. Was macht die Pylonbande?

In solchen Situationen hilft nur noch trockener Humor: Waterside Swimmers Only!

F5D Please Stand By!
Der Regen verwandelte die Wiese so langsam aber sicher in eine undefinierbare braun-grüne Masse, während unsere Jungs langsam ihre Modelle auspackten. Die Modelle schienen sich in unseren Sprintern förmlich festzukrallen, das gefiel ihnen mal überhaupt nicht. Dann doch lieber ein Sprinter.
Langsam stellt sich auch das „Regen-von-unten“ Gefühl ein. Ein Teil unseres Teams setzte auf Gummistiefel, der Rest versucht sich in Trecking-Schuhen aber am Ende sind sowieso alle nass, von innen wie von außen. Das sind die Regeln dieses Spiels und jeder hoffte inständig, dass diese Schmierenkomödie doch bald ein Ende nehmen möge. Sabine Konrath allerdings war optimistisch, als um 12:00 die F5D Teams zur Besprechung zusammen kamen, so ein bisschen Bindfaden-Regen wäre doch wohl kein Problem. Schluck! Irgendwer hustete verhalten, aber aufgeben gilt nicht, Gesicht verlieren schon gar nicht. Also einmal in den sauren Apfel gebissen und cool gelächelt. No, there isn’t any problem. We will start at 01:00pm. Nette Idee, wir machen auch schonmal das Schlauchboot klar.

Die Frage, ab wieviel Meter Wasserstand am nicht als Wasserstandsmesser geeichten Breitpylon denn nun das Rennen abgesagt würde, wagte niemand zu stellen. Die Sache war klar, die Frage ließ sich alles wieder auf ein Minimum reduzieren: Deutschland gegen England! Wir setzten schon mal auf die Deutsche Wettbewerbsleiterin, dagegen hat englischer Landregen keine Chance. Minuten später krächzte es schon aus dem Lautsprecher: „Round 1, Heat 1. Please prepare to start the race in 45 minutes.“ Oha, sie versucht es wirklich. Respekt!

Sprichwörtliches "Abwarten und Tee trinken" beim Team Germany.

F5B packt derweilen in Ruhe die Sachen, heute ist nichts mehr mit Fliegen. Schade eigentlich, Team Germany wäre auf genau diese Situation perfekt vorbereitet gewesen und hatte bereits im Vorlauf als eins der wenigen Teams alle Regler mit einem Platinenlack-Finish bestellt. Sie trauten dem englischen Wetter nicht und sie taten gut daran.

Hans Koot, unser Timekeeper während der WM, schaut genauso bedröppelt drein, wie das Wetter. Da macht Pylonrennen noch nicht einmal Spaß, wenn man selbst im Trockenenen sitzt.

Der erste F5D Wertungstag beginnt!
„First group! Please come to the ready-box!“ Irgendwie erinnerte dieser Aufruf an die F3B WM 2003 in Kirchheim, nur irgendwer hatte vergessen den Regen auszuschalten. Es schiffte locker weiter und es waren Bedingungen, bei denen am Vortag das Rennen des Vorwettbewerbs jeweils für einige Minuten unterbrochen worden war. Jetzt sollte in diesen Bedingungen gestartet werden. Sender ohne Fahrtenschwimmer werden keine Chance haben, so viel steht mal fest. Allenthalben sah man Tüten und allerlei nutzloses Zeug, der Regen war überall und hielt sich an keine Abmachung, dass er die Elektronik in Ruhe lässt. Also war beten angesagt.

Die 12 Wettbewerbshelfer saßen längst über den Kurs verteilt und verfluchten den Tag, an dem sie sich freiwillig als Helfer für die WM gemeldet hatten, als Gruppe 1 zum Start ging.

"Ladies and Gentlemen: Start Your Engines!"
In der ersten Gruppe ist gleich Jens Bartels mit seinem „Nyamuk“ am Start. Peter Meisinger (AUT) und Pete Thannhauser (CAN) komplettierten diese Gruppe. Das Rennen zwischen Peter und Jens würde sicher eng werden. Der Start wurde freigegeben: „Red Go!“ „Yellow Go!“ „Blue Go!“ Die Schreie des Startstellenleiters gingen im Aufheulen der kreischenden Motoren fast unter, der Regen lag wie ein grauer Schleier über der Szenerie. Das Rennen ist eröffnet! Kurze Zeit nach dem Start flogen die 3 Modelle, die im Sekundentakt gestartet waren, nahezu gleichauf. Was für ein Bild! Nach wenigen Sekunden konnten sich Peter und Jens etwas absetzen, blieben uns aber als Flugformation Flügel an Flügel erhalten. Mann war das eng! Die beiden schenkten sich absolut nichts. Jens war auf der Geraden sichtlich schneller, flog am Spitzpylon allerdings eine deutlich weniger aggressive Linie als Peter. Dadurch ergab sich das kuriose Bild, dass Jens vor dem Spitzpylon vor Peter lag, nach dem Spitz hinter ihm und den Breitpylon nahmen sie beide gleichermaßen eng in Angriff – Runde für Runde! Erst die Schreie „Red Ready!“ „Blue – Ready!“ beendeten diesen Lauf. Die Modelle schwebten durch Bindfäden von Regen zur Landung ein. Wie Dirk Belting als Helfer von Jens mit seiner Brille bei diesem Wetter überhaupt ansagen konnte, blieb sein Geheimnis. Vermutlich Röntgenblick oder 10 Abreiß-Visiere an der Brille, für jede Runde eines.

Nicht ohne meinen Regenschirm! Es regnete Bindfäden.

Was war das für ein phantastisches Auftaktrennen für eine Weltmeisterschaft! Aber es blieb keine Zeit zum Verschnaufen, es wurde im 5-Minuten Takt gestartet. Heat 2 war dran. Team Germany hat Pause, im Lauf 3 startet Markus Wanner und fliegt ein ebenfalls überragendes Rennen, was sehr unspektakulär war. Sein Tokoloschi zeigte sich unbeeindruckt vom britischem Wetter und schnitt durch diese graue Masse, als hätte es nie anderes Wetter gegeben. Es sah optisch etwas langsam und zäh aus, wie ein Flug durch Honig. Aber als die elektronische Zeitmessung die 10 Runden für beendet erklärte, standen für ihn 73,10 Sekunden auf dem Zeitenmonitor, bei diesen Bedingungen wirklich eine gute Zeit. Und das auch noch mit Brille!!!

Blieb nur noch Dirk mit seiner Spezialbrille und inzwischen montierten Scheibenwischern übrig. In Runde 6 war er dran. Sein knallroter Avionic D war zumindest optisch sehr gut zu erkennen, dennoch war bei diesem Regen nichts sicher. Markus Lauf sah schon ruhig und cool aus, aber was Dirk nun im Regen zelebrierte, war einfach beeindruckend. Zu beeindruckend: Ein Cut am Spitzpylon war die Folge, irgendeine Wertung im 80er Bereich. Ein Streicher für Belting!

Als die erste Runde beendet war, wurden die letzten Trümmer der dahingeschiedenen Modelle eingesammelt. Wassereinbruch im Vorschiff gab es genauso, wie Waschküche beim Empfänger. Durch die Hitze des Flugakkus bildet sich sofort Wasserdampf im Rumpf, der sicher mehr als 50°C hat. Nach dem Aufschrauben dampften einige Modelle ganz prächtig, ein Dampfbügeleisen könnte das nicht besser. Die Runde 2 sollte direkt im Anschluss geflogen werden, aber Sabine, die Wettbewerbsleiterin hatte es etwas zu spät angekündigt. Die 2. Runde??? Jawoll, zu Befehl! Der Regen dachte nicht daran, sich auch nur ansatzweise zurückzuziehen, er blieb uns weiter ein ständiger treuer Begleiter, auf den wir gerne verzichtet hätten. Es regnete weiter Bindfäden und jeder Schritt auf diesem durchnässten Grün hinterließ ein sattes „quwetsch“. Auch gut gepflegter englischer Rasen kann nicht alles ab.

Die Zeitnehmer hatten es in diesem Regen nicht leicht, aber haben ihre Aufgabe gut erledigt. Es sind Ihnen nur sehr wenige Fehler unterlaufen, die dann zu Reflights führten.

Runde 2: We do it again!
Die Zahl der Wassereinbrüche im Material häuften sich nun. Es wurden reihenweise Piloten beobachtet, die ganze Seen aus ihren Pulten, respektive Sendern schütteten. Ob das mal gut geht? Meistens ging es gut und wenn nicht, wurde gebuddelt. Guillaume Brouquières prüfte, wie tief man einen Avionic D Rumpf im englischem Schlamm versenken kann. Man kann nur sagen sehr tief! Das Ergebnis dürfte selbst ihn überrascht haben, denn ohne Hilfsmittel war da nichts mehr zu machen. Da kein Klappspaten greifbar war, kam einer der Offiziellen mit einem Nationenschild von der Eröffnungsfeier zu Hilfe. Bis dahin steckte der Rumpf bis über beide Ohren im Schlamm fest und stand als Mahnmal für alle Piloten am Rand des Kurses: Man fliegt nicht bei Regen!

Nun war Dirk wieder am Start. Mit dem Cut im 1. Heat sah es mal nicht ganz so gut aus. Zu allem Übel war auch noch sein Höhenleitwerk durch den Regen aufgequollen, was die Sache sicher nicht einfacher und vor allem nicht präziser machte. Balsa als Stützstoff hat eben gewisse Nachteile und auch ein Gespräch mit Sergey Sobakin hatte keinen Einfluss auf die Materialeigenschaften dieses Werkstoffes. Schamlos! Er ist der Entwickler und Produzent dieses Modelltyps und bei dieser WM in der Klasse F5B am Start. Nun stand Dirk am Start, mit Brille, aufgequollenem Höhenleitwerk und das mitten im strömenden Regen. Das sind Bedingungen, bei denen man sich nur sagen kann: Gut, dann fliegen wir halt mal und was dabei herauskommt, ist zweitrangig. Und was kam dabei heraus? Die Fabelzeit des Tages: 70,19 Sekunden! Präzision pur, man hätte ihn glatt zur Adoption in die Schweiz freigeben können, als Kind von einem Uhrmacher. Aber glücklicherweise fliegt er für Team Germany!

Das aufgequollene "Avionik D-99" Höhenleitwerk von Dirk Belting. Damit ist er geflogen!!! Dass da überhaupt nochwas zu steuern war, erstaunt umso mehr, weil er als Brillenträger ein doppeltes Handicap hatte. An der Tatsache, dass er trotzdem die Tagesbestzeit flog, erkennt man die große Erfahrung von Dirk.

Ansonsten lief alles ohne besondere Vorkommnisse, am Ende der beiden Runden standen 2 Reflights an, wobei mindestens 1 Reflight überaus protestwürdig gewesen wäre, vielleicht sogar beide. Aus sportlichen Gründen verzichtete man allerdings auf einen Protest, es wäre ohnehin der erste bei einer F5D Weltmeisterschaft gewesen. Das andere Nationen eine andere Einstellung zu den sportlichen Gesichtspunkten haben, sollten wir bald merken.

Runde 3: If you are not fast enough, you just have to protest fast enough!
In dieser Runde wurde es nun endgültig unsinnig und unsportlich, aber der Reihe nach. Peter Meisinger (AUT) hat sich hier in Heat 1 als Witzbold geoutet: Erst drängt er Sabine zum sofortigen Start der Gruppe in wirklich extrem starken Regen bei zugleich heftigem Wind, anschließend beantragt er wegen Störungen durch den Regen einen Reflight. So sieht das mal aus! Leider genehmigt Sabine diesen Reflight, was sie nicht hätte tun dürfen. Regelwidrig. Thannhauser (CAN) schlägt ein und gibt als Reflight Grund Störungen an. Das ist vom Reglement her kein Reflight und unbestätigten Gerüchten zufolge soll die Störung zwischen den Ohren gelegen haben. Ob man dagegen wohl Protest einlegen kann? Ja man kann das wirklich, aber nun genug der Späße, denn jetzt wird es ernst: Einzig Jens fliegt in diesen Schweinebedingungen zu Ende, fliegt eine 77er Zeit und wird nach derzeitigem Stand wohl als einziger gewertet werden!

Sabine bricht an dieser Stelle den Durchgang ab und erklärt ihn für null und nichtig. Und jetzt wird es richtig ärgerlich und wir sagen es ganz offen und ehrlich: Was hier nun kommt, ist aus sportlicher Sicht sehr enttäuschend, allerdings möchten wir vor Abschluss diverser laufender Proteste nicht ein abschließendes Fazit abgeben. Team USA allerdings hat sich hier nur mäßig fair verhalten. Fairer Sport heißt Chancengleichheit für alle und nicht Auslotung des Regelwerks, um dem Konkurrenten einen Streicher aufzudrücken. Dieser Protest wird regelseitig Erfolg haben, ist aber in der Sache unsportlich und genau dieser Punkt erlaubt uns wiederum einen Protest, da genau dieser Fall ebenfalls im Regelwerk enthalten ist.

Wir müssen die Jury-Entscheidung abwarten, was herauskommt. Und wenn hier durch die Unterbrechung des Durchgangs ein Nachteil für Jens entsteht, haben wir gute Aussichten, aufgrund diverser Fehler im weiteren Ablauf ebenfalls Protest bei der Jury einzulegen. Ehrlich gesagt haben wir keine Lust dazu, denn hier soll es um Sport gehen und nicht um Proteste. Allerdings möchte unser Team nur ungern diese Benachteiligung hinnehmen, daher warten wir zunächst die Jury-Entscheidung ab und am Ende der Runde 3 können wir immer noch Protest einlegen und möglicherweise werden wir das auch tun.

Deswegen gibt es auch noch keine offiziellen Ergebnisse, wir können nur einen inoffiziellen vorläufigen Zwischenstand nach Abschluss von Runde 1 und 2 vermelden:

1. Markus Wanner (GER)
2. Jens Bartels (GER)
3. Daniel Mayr (AUT)
4. Dirk Belting (GER)

Das Wetter für morgen sieht gut aus, 08:00 AM wurde als Start-Termin für F5B angegeben. Die deutschen F5B-ler nehmen am Morgen netterweise unsere Sender mit. Abends kommen sie im Gegenzug immer gern auf ein Budweiser bei uns im Haus zu Besuch. Beide Mannschaften sind traditionell nicht sonderlich innig ineinander verliebt, aber mein Eindruck ist, dass diese WM sie durch die schwierigen Umstände zunehmend mehr zusammenschweißt. Gut so!

Euer F5D-Team Germany

 

Nachtrag vom 17. August: Um was es hierbei geht, kann man am besten in unserer Ergebnisliste nachvollziehen. Nach Runde 3, Heat 1 wurde der Wettbewerb unterbrochen. Alle bei Regen geflogenen Resultate sind blau markiert und einzig Heat 1 musste im Regen fliegen. Der Protest des US-Teams zielte darauf ab, dass dieser erste Heat gewertet wird, was Sabine aus sportlichen Gründen nicht wollte. Damit konnte das US-Team ihren schärfsten Konkurrenten (Team Österreich und Deutschland) einen Streicher aufzwingen. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass der Reflight von Travis Flynn aus Runde 2 ebenfalls in diesen katastrophalen Bedingungen absolviert wurde und das war der Grund des US-Teams. Sein Reflight wurde am Ende genauso gewertet, wie dieser 1. Lauf aus Runde 3.

Dienstag, 10. August 2004
 
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