Als der Regen munter gegen
die Autoscheibe prasselte, quälten sich durch meinen
Körper ein paar grundsätzliche Fragen. Warum
sitze ich hier? Warum ist es 5 Uhr? Und was verdammt nochmal
soll dieser Scheiß? Der Geist erinnerte sich mit
einem müden Gähner daran, dass er heute noch „Training“ geplant
hatte, war sich seiner Sache jedoch nicht mehr so sicher.
Was soll ein "Offizielles Training" sein? Kollektives
Modelle versenken ohne Aussicht auf Erfolg oder was?
Frühstück
Endlich angekommen, wenn auch hinten
herum. Nach 360km geradeaus und dann
links war das links-rechts der Platzeinfahrt einfach
eine Kurve zu viel, um geradeaus genug zu sein. Ein Hase
erschrak und hoppelte durch das saftige Grün
davon. Zwei Perlhühner flatterten auf, kurz bevor
sie der Hoppel über den Haufen rennen konnte. Sie
hoben dermaßen fluguntauglich ab, dass man alleine aus
Mitleid Hunger auf Perlhühner zum Mittagessen bekam.
Apropos essen, da war doch noch was?
„Knurr“ monierte der Körper, aber die
Inspektion des Flugplatzes ging vor. Beim ausgiebigen Beschnuppern
des Geländes fiel neben der perfekt gemähten
Wiese das Schweizer Nummernschild auf. Richtig, Wälti
und Hanke hatten sich als neue Traum-Ehe des Pylonrennsports
angekündigt und wollten ihre Flitterwochen in Erftstadt
verbringen. Die Flieger-Ehe zwischen Pilot und Helfer hält
im Gegensatz zur gewöhnlichen Ehe ein Leben lang.
Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, die Rollen
sind klar verteilt.
Der Alm-Jodler
Die Schweizer haben es erfunden und es „Schnuppi“ getauft.
Dann kamen die häßlichen Deutschen, benannten
es in „Elektro-Pylonrennen“ um und haben
seitdem alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Die Schweizer
wollten nun zurückschlagen, aber dazu gehört
Training mit den richtigen Waffen. Das Schweizer Offiziersmesser
schien ihnen nicht mehr martialisch genug, es musste
das klingonische Schwert des deutschen Siegfried
sein. Deutsche F5D Modelle haben das Karma der Unbesiegbarkeit.
Die „Batleths“ da hinten im Auto lenkten
den Blick auf das Wesentliche, nämlich auf schlafende
Schweizer. Sollten wir die Burschen von der Alm mit einem
schlecht imitierten Jodler auf Musikantenstadl Niveau
wecken? Der Schock müsste doch mindestens für
2 Cuts am Pylon Nr.1 gut sein. Nein, Flitterwochen sollte
man nicht stören. Den fiesen Jodler heben wir besser
für Uelsen auf, falls uns die frisch verheirateten
Schweizer vor den Briten blamieren sollten.
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Die Hütte samt Vordach
bot guten Schutz vor dem durchwachsenen Wetter. |
Frühstück!
„Knurrknurr“. Diese Worte waren deutlich. Ab
zum Frühstück! Die Hütte, aus der verführerischer
Kaffeeduft strömte, war geräumig und hübsch
eingerichtet. Es gab frische Brötchen mit Marmelade,
Käse und Wurst. Nach und nach trudelten die anderen
Piloten ein, der Platzbetrieb erwachte langsam zum Leben.
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Der neue nichtrostende und
winterfeste Strommast von RWE, Typ "Reinhard". |
Als Brettermeier mit Patricia eintraf, konnte
mit dem Aufbau des Pylonkurses begonnen werden. Christian
Hanke wollte sich gleich nützlich machen und half
mit, was er wenig später sichtlich bereute: „Ich
habe mit F3B aufgehört,
damit ich diese verknoteten Seile endlich nicht mehr sehen
muss. Und jetzt das!“ Der Gute war den Tränen
nahe, aber Patricia tröstete ihn und entknotete mit
flinken Händen die 40m Maurerschnur.
Nachdem geklärt
war, dass Ackergrenzen in Deutschland nicht zwangsläufig
einen rechten Winkel zum Feldweg aufweisen müssen,
war das Vertrauen in den deutschen Ordnungssinn zwar empfindlich
gestört,
aber das gleichschenklige Dreieck des Pylonkurses wirkte
nun weniger rechtwinklig.
Nach Regen...
Inzwischen waren die Modelle aufgebaut, aber dann fing
ein Schauer an, der es in sich hatte. Zeit, die Startgruppen
zusammenzustellen, was Patricia übernahm. Da Piloten
auch als Winktiere eingesetzt wurden, war alles etwas
komplizierter, aber am Ende ging es auf. 14 Piloten (6
F5D, 8 F5D-Limited) in 5 Startgruppen war ein ansehnliches
Teilnehmerfeld.
...kommt Sonne?
Das leichte Tröpfeln wurde ignoriert, Gruppe 1 ging
zum Start. Die Winktierfraktion wurde von der letzten Gruppe
gestellt (Gruppe 5), im darauffolgenden Durchgang übernahm
dann Gruppe 4 usw., so dass jede Gruppe einmal mit Winken
dran war. Was war zu sehen? Die meisten Wenden lagen recht
gut auf Höhe von Pylon 1, die Anzahl der
Cuts direkt nach dem Start war sehenswert. Reihenweise
200er, aber dafür war es ja ein Training. Das war
zugleich eine Lehrstunde in Sachen Winktierdasein, denn
ganz so einfach ist gleichmäßig korrektes Winken
wirklich nicht, wie Piloten und Helfer im Wettbewerb immer
meinen. Der Respekt vor den Winktieren ist sichtlich gestiegen.
Der Noch-Vize Belting gab
sich dann die Ehre, mit seinem "Turn
Left" die ersten beiden Läufe des Trainings zu
bestreiten, später erst bewegte er seinen "Avionic D-05".
Die erste Runde seines Flugs sah noch normal aus, aber
irgendwie muss er sich dabei die Finger verknotet haben.
Er übte
anschließend
die Rolle im Anflug auf Pylon Nr.1 jede Runde aufs Neue.
Die 120er Zeit kam durch die Wende am Spitz im Rückenflug
zustande, da geht der TL einfach nicht gut. Ohne Bartels
als Helfer macht Vize Faxen. Ob er deswegen nicht allein
zur WM darf?
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Belting, der Noch-Vize
schraubt an seinem "Turn Left" herum. Seine nicht legale
Akkuwahl in Sachen F5D-Limited 7x Sanyo A-TS 1950
FAUP verhalf seinem Flieger
zu einer etwas stärkeren Performance als das mit 7xGP2000
möglich ist. |
Nach dem Flug von Paule mit
dem „Multibumm“ (Entwurf
Andre Kubasik) wurde der F5D-Limited Fraktion mit Leitwerk
angst und bange. Da flog etwas, was so nicht sein durfte
und es war auch noch verdammt schnell unterwegs:
104 Sekunden! Der zweite Leitwerksverweigerer aus Gewissensgründen
lag bei 109 Sekunden, der „Vampire“ von Siegmann.
Olli Mahr legte wenig später die Bestzeit des Trainings
hin, cutfreie 102s. Sein TL Flügel ist nicht
von einem Voll-GFK Flügel zu unterscheiden, so perfekt
ist der gebügelt. Olli ist der Hausfrauenschwarm unter
den Piloten, vermutlich ist er mit einem Bügeleisen
in der Hand auf die Welt gekommen.
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Olli,
der Hausfrauenschwarm prüft kritisch
die bebügelte Fläche seines TL.
(V.l.: Paul Schreiber, Martin Schlief,
Peter Hansen verdeckt, Oliver
Mahr) |
Bei
F5D-Limited scheiden sich die Geister
derzeit am optimalen Flugstil. Paul
schwört
auf rundes Fliegen, Siegmann dagegen
fliegt großdeutsch eckig auf
kürzestem Weg ohne erkennbaren
Wenderadius am Breitpylon. Diese kantige
Performance scheint Paule zu der Pose
animiert zu haben, die Leni Riefenstahl
begeistert hätte. Ansonsten blieb
er seinem runden Flugstil treu und
hielt nichts von Ecken und Kanten.
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Leni Riefenstahls Enkel. |
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Die selbsternannte "Lichtgestalt" Schlief
steht im Schatten der "Pylon-Zicke" Sandra.
Gut so! |
Fehlt nur noch das Nachtschattengewächs, das sich
in einem Anfall von Größenwahn offensichtlich für die einzig
legitime „Lichtgestalt“ hält.
Mit dem „TokoTurn“ in
seinen Händen wird das eine langweilige DM dieses
Jahr. Wir könnten die Meisterfeier auch gleich in
Uelsen abhalten, dann haben wir es hinter uns.
Das Nachtschattengewächs fliegt schnell und auch noch fehlerfrei.
Gegen ihn ist in dieser Form kein Kraut gewachsen,
einzig der Uhu blieb uns glücklicherweise erspart. Es darf
aber davon ausgegangen werden, dass der fest für Uelsen
eingeplant ist.
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Peters Pylonzeitmessgerät:
Die Balken links stellen die Rundenanzahl dar, rechts
wird Flugzeit angezeigt. |
Hansen versuchte sich zwischenzeitlich als Stuka-Pilot
in F5D-Limited. Der Angriff ging knapp am Ziel vorbei und
endete mit einem satten Knall in der Grasnarbe. Sein altbewährter „Lift-o-Presso“ ist
nun Geschichte, er muss einen neuen Flieger aufbauen.
Nicht
Geschichte ist dagegen sein neu entwickeltes Rundenzähl-
und Zeitmessgerät, das zwar aufgrund eines
kleinen Softwarefehlers um den Faktor 1,5 falsche Zeiten
ausgab, ansonsten aber funktionierte. Der Fehler
ist inzwischen behoben, so dass dem Einsatz
dieses Gerätes nichts mehr im Wege steht. Eine schöne
Verbesserung für den Pylonrennsport, die sich sicherlich
im Laufe dieser Saison bewähren darf! Die Zeiten werden
gespeichert und können anschließend mit einem Laptop heruntergeladen
werden. Ein Verzählen ist damit ausgeschlossen und damit
hat manch leidige Diskussion hoffentlich bald ein Ende.
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Brettermeiers Sender hat
seine Seepferdchen Prüfung bestanden. Herzlichen
Glückwunsch! |
Vom
Regen in die Traufe
So ein bisschen Regen kann doch Pylonpiloten nicht stören?
Erinnerungen an York wurden wach, als der Himmel die
Schleusen öffnete
und jemand vergaß, sie wieder zu schließen.
Brettermeier kam von seinem Flug knapp vor dem Schauer
zurück und legte sichtlich zufrieden seinen Sender
im Schutz der Pavillons in seinen Senderkoffer. Dazu
sind die Pavillons glücklicherweise da und leisten seit
Jahren hervorragende Dienste, sofern man das Kleingedruckte
beachtet.
Minuten später verkündete der dunkelblaue
Pavillon mit einem satten Platsch, dass er sich seiner
feuchten Dachlast entledigt hatte. In einem Schwall füllte
die Traufe den unglücklicherweise geöffneten
Senderkoffer, der genau unter der Ritze zwischen den
beiden Pavillons lag. Brettermeiers Sender hat nun als
erster Sender der Szene die Seepferdchen Prüfung (Freischwimmer)
erfolgreich absolviert. Herzlichen Glückwunsch!
Der Senderkoffer zeigte keine Lecks, ein einwandfreies
Schwimmbecken. Klaus meinte nach provisorischer Trockenlegung
seines Senders nur: „Die
Zahlen auf dem Display flackern. Ich pack mal lieber
ein.“ Damit war sein Training vorzeitig beendet.
Das Rennen ging nach dem Schauer weiter.
Just
in dem Moment radelte ein gewisser Herr Keller von
hinten über das Flugfeld und sorgte für einige
Verwirrung bei der Gruppe, die draußen auf dem Kurs
unterwegs war. Respekt, 44km mit dem Rad von Aachen aus
zu radeln! Das ist Pylon-Manie in Vollendung!
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Christian Hanke mit
Spaten und klingonischem Halbschwert. |
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Corpus Delicti: Der
delaminierte obere Holmgurt, der zum Absturz führte. |
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Was machte eigentlich unser Schweizer
Traumpaar? Die haben sich auf den Weg zum Acker gemacht,
um die Reste von dem zu bergen, was von Wältis
klingonischen Schwert übrig blieb. Was war passiert?
Als Wälti seinem Ehemann beim Laminieren zusah,
meinte er, dieser solle nicht das Epoxydharz eimerweise
in die Form gießen. Die Erwiderung von Hanke,
dass das bei F3B doch üblich sei, nahm Wälti
zum Anlass, ihm zu zeigen, wie Mann ein F5D Modell
laminiert: 13dm² Kohlegewebe, zwei Tropfen Harz,
ein Tropfen Härter und dann rollern, bis der
Moltoprenroller schmilzt.
Der Holm war bei der Wende am Pylon 3 "ziemlich
rund", um es in der Fachsprache der Pyloniken
zu formulieren, bei der anschließenden Wende
am Pylon 1 sah der Flügel Sekunden später
dann "ziemlich durch" aus. Das Modell wurde
schnell gefunden, mit einem Spaten ausgegraben und
der Schaden analysiert. Holmgurt zu trocken laminiert!
Alles in allem war es dennoch eine gelungene Premiere
unseres Schweizer Ehepaares. Uelsen wird sehr interessant
werden!
Was gab es an Neuigkeiten zu bestaunen? Wenig, wenig.
Akkus und Motoren waren in beiden Klassen unverändert
gegenüber dem Vorjahr. Keine Sensationen. Die
Einblattluftschraube von Thomas Grunenberg war ein
Hörgenuss und erinnerte an einen Presslufthammer
auf Urlaub. Dass ein Spinner eine derart rüde
Behandlung auf Dauer übel nimmt, sollte er am
Sonntag feststellen, als er unfreiwillig im Segelflug
zur Landung einschwebte. |
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We are family! |
(Foto: Stefan Keller) |
Nach 5 Runden war das Training
am Samstag beendet, nun war nach dem unvermeidlichen Gruppenfoto
freies Fliegen angesagt. Jetzt kam die Zeit von Mario Roos,
der zuvor im RCN-Forum ungeniert gefragt hatte, ob wir
etwas gegen einen Q500 Stinker beim Training einzuwenden
hätten.
Hat da jemand Jehova gesagt? Also brachte er statt seines
Stinkers eine kleine Sperrholzbox mit. Ob das eine Taschen-FlaRak
für F5D Sportgeräte ist?
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Links im Bild das Schweizer
Team mit Wälti und Hanke und rechts Mario Roos mit
der ominösen
Sperrholzbox. Komische Sache das! |
Andreas Fürhofer flog zunächst
mit der „Gummikuh“ (F5D-Limited) darüber
und wurde nicht abgeschossen. Also doch keine FlaRak. Da
blinkte nach einigen Überflugversuchen
eine kleine rote LED. Hm. Dann erklärte sich Hanke
bereit, mit seinem
„Batleth“ (F5D) darüber zu fliegen. Im
vierten Überflug
blinkte die Box, die nun folgenden Überflüge
saßen
ziemlich gut, jedesmal quittierte die Box die Aktivität
mit Blinken. Was es mit dem blinkenden Kästchen
wohl auf sich hat? Der
Kasten wurde wieder eingepackt, die zufriedenen Gesichter
verrieten, dass der Test offensichtlich gar nicht so schlecht
verlaufen war.
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Und ab geht's mit viel Lärm,
Rauch und Qualm! Jens Goebels Raketengleiter. Wenn
Mario das vorher gewusst hätte... (Foto:
Stefan Keller) |
Jens Goebel schoss anschließend noch mit dem
Raketengleiter herum, harmlose und friedliebende Leute
erschrecken. Langsam wurde es dunkel, der erste Tag des
Trainings neigte sich dem Ende entgegen. Das abendliche
Gewitter leistete dann ganze Arbeit und demontierte die
Pavillons am Flugfeld. Der Samstagabend klang in der Almhütte
bei Schweizer Klosterbräu
(Danke Hanke!) und sonstigen Nettigkeiten aus und wurde
mit einer kleinen Nachtflugeinlage abgeschlossen.
Sonntag
Der Sonntag begann wieder mit einem gemeinsamen Frühstück,
es tröpfelte leicht. Nach dem Wiederaufbau der Pavillons
ging es los. Es waren nur noch 7 Piloten anwesend, dafür
kamen endlich auch Marcus Zimmermann und Reinhard Ohrem
als Organisatoren des Trainings zum Zuge und flogen ein
paar Runden mit ihren „Batleths“. Es wurde
in 3er Gruppen ohne Winktiere geflogen. Eine gute Gelegenheit,
die Modelle noch einmal in Ruhe zu vergleichen, bei gleichmäßig
schwachem Wind und ruhigem Wetter. Um 14:00 Uhr war dann
Schluss, die Zelte und der Pylonkurs wurden abgebaut. Ein
Wochenende der besonderen Art ging zu Ende.
Trotz Wetterkapriolen war es ein perfektes Pylonwochenende.
Danke an den „MBV Erftstadt e.V.“ für
die exzellente Verpflegung und die tolle Atmosphäre.
Wir kommen gerne wieder! Und jetzt harren alle der Dinge,
die in Uelsen kommen
werden. Daher jetzt schon eine Warnung: alle Mann in Deckung,
die Briten kommen!!!
Euer F5D Presseordinariat
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